Worte sind manchmal nur Ausgrabungen ähnlich; diese so poröse und bösartige Wahrheit über unsere kurzlebigen Überzeugungen und Begeisterungen, dazu auch noch über die schicksalhaften Glossen, die sich nur in manchen und angeblich gottgegebenen Augenblicken anvertrauen, überlegt Simon Grabovac mit größter Aufmerksamkeit, nicht im Geringsten blind für die Wracks desjenigen Restes der Welt, die vor uns stattfand. Im Übrigen, die Vorfahren, mit denen er zu Lebzeiten nicht kommuniziert hatte, weder im unmittelbaren Gespräch noch als Mitreisender, bleiben überwiegend Helden dieses Buches, das sich auch mit dem Phänomen des Gedichts wie mit einem brüchigen und unausgeglichenen Gewebe befasst. So des Öfteren auch das Bewusstsein über sich selbst werdend, trachtet sein Gedicht danach, uns in zerknitterten und zweifelhaften, in jedem Fall verschiedenartigen Lebensläufen als Opfer zu erkennen; als die jenen, die seit langem aus dem Paradies vertrieben wurden. Der Stuhl, den sein Vater in einem der Gedichte schuf, so symbolisch Material und dennoch so pragmatisch, ist gleichermaßen konfrontiert mit unseren Nebelregen, unserer Verlangsamung, unserem Anschein der Metaphysik. Uns, die Wachen, gibt es nicht allzu viele – als ob eine der scheinbar lässigen Botschaften dieser Poesie wäre; der Poesie. die sich nun zum Schein mit den sogenannten Randthemen des Bestehens beschäftigt, doch sich im Grund sehr um das Wesentliche selbst schert. Für die Entstehung durchaus edelmütig. Anders als in früheren Phasen, bangt Grabovac jetzt vor der fest begrenzten, im Voraus fixierten Situation des Verses. Alles irrt herum, alles meldet sich bei ihm nebeneinander, alles zeichnet sich auf dem Seismographen des inneren Bewusstseins über die Existenz schier fluid ab. Das will sagen, dass sich auch in diesem einmaligem Buch die Kohäsion des Zingibers wie eine neue Raserei meldet. Deswegen kann man schon jetzt sagen, dass das Erkennen die erste, im ersten Augenblick brutal gestrickte Verschwörung nicht der Sprache, sondern unserer gesamten Feinfühligkeit ist. (Wo wir schon bei der Sprache sind, Grabovac kalkuliert, in seinen oft komplexen Strukturen, fröhlich, aber auch knabenhaft verspielt, um nicht ausgelassen zu sagen, mit mehreren Ebenen der direkten und indirekten Rede, der essayistischen Handschrift, des schon legendären Erinnerns derer, die es nicht mehr gibt und die nur noch in unserem selbstsüchtigen und oft vergesslichen Gedächtnis ruhen.) Das Gedicht ist manchmal „ein kurzer verkürzter Vergleich“ und als ob es möglich wäre, dass es sich in allem versucht: In der Überlieferung, in der passierbaren Kurve, dennoch überholend mit verrückt machenden Geschwindigkeiten. Das Gedicht ist hier jetzt auch ein glücklicher Stillstand, fast dem Solstitium und der ausgeglichenen Reife der Überlegung ähnlich. Zweifellos zeugt es jetzt reichlich von der reifen Expression, auffrischender Prosodie, wundersamer Imagination eines des reinsten Lyrikers seiner Generation. Grabovac erreichte, wie es scheint, als erster diese gedankliche Tagundnachtgleiche, trotz Hindernissen, trotz Wilderern der Ordnung, trotz der Abgeschiedenheit selbst.
Draško Ređep
(prevod dela „Isiot” na nemački jezik, preveo Johann Lavundi)